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Kaffee? Schwarz. Und bitte ohne Meinungen


Eine Abrechnung mit ungefragten Ratschlägen, Smalltalk im Supermarkt und Menschen, die “nur mal kurz was sagen wollten”.


Ich trinke meinen Kaffee schwarz. Nicht, weil ich besonders hart im Nehmen bin, sondern weil ich keine Lust auf Extras habe. Keine Milch, kein Zucker, keine Vanille-Soja-Träume mit Haferflockendeko. Schwarz. Punkt. Vielleicht ist das mein stiller Protest gegen eine Welt, die ständig was dazumischt – ungefragt.


Denn genau das passiert mir dauernd: Ich sage „Ich bin müde“, und jemand sagt „Du musst früher schlafen.“ Ich erwähne im Vorbeigehen, dass mich etwas stresst, und bekomme als Antwort: „Du musst einfach mal loslassen.“ Ich teile einen Gedanken – und zack, steht da schon jemand mit Meinung, Methode oder Memo. „Nur mal so als Tipp.“ Aber ich habe nicht nach einem Tipp gefragt. Ich habe gesprochen. Punkt.


Es ist ein seltsames Phänomen: Sobald wir uns zeigen – mit Zweifeln, Gedanken oder sogar mit Schweigen – fühlen sich andere eingeladen, ihre Landkarte über unsere zu legen. Dabei wollte ich gar keine neue Route. Ich wollte nur kurz da sein dürfen. Ohne Korrektur. Ohne Kommentar.


Und ja, ich weiß: Die meinen es gut. Die wollen helfen. Die haben das sicher auch irgendwo gelernt – „aktiv zuhören“, „lösungsorientiert denken“, „niemals sprachlos bleiben“. Aber manchmal wäre genau das die Lösung: sprachlos bleiben. Nicken. Mitfühlen. Oder Kaffee kochen.


Vielleicht geht’s ja nicht darum, Dinge sofort zu reparieren. Vielleicht reicht es, sie zu bemerken. Zu sagen: „Klingt hart. Ich bin da.“ Oder gar nichts zu sagen. Einfach nur: Schweigen teilen wie ein schwarzer Kaffee – ohne Zusatzstoffe.


Und deshalb wünsche ich mir manchmal eine kleine Kaffeetasse mit Schild:

„Bitte nicht umrühren. Mein Leben ist bereits gesüßt – mit Erfahrung.“



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