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Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist auf ihre Weise unglücklich

Aktualisiert: vor 1 Tag


Ich hab’s gelesen. Sorry.

Nicht das ganze Buch – also, doch.

Später.

Aber erst kam dieser Satz.

Ein einziger. Und ich blieb daran hängen wie an einem losen Faden im Pullover des Lebens:


„Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich,

jede unglückliche Familie ist auf ihre Weise unglücklich.“


Ich hab diesen Satz gelesen.

Dann nochmal.

Dann hab ich das Buch zugeklappt,

den Tee stehen lassen

und meine innere Welt neu sortiert.


Denn was wie ein nüchterner Beobachtungssatz klingt,

ist in Wahrheit ein emotionales Katapult.

Glück – sagt Tolstoi – ist uniform.

Unkompliziert. Eindeutig. Verständlich.

Liebe, Lachen, Latte.

Menschen. Sicherheit. Vielleicht ein bisschen Frühling.


Aber das Unglück?

Das kommt nie im Set.

Es ist Sonderedition.

Limitierte Auflage. Einzelstück mit Gebrauchsspuren.


Manche Unglücke sind laut.

Andere sehen aus wie Alltag.

Es gibt das „Ich kann nicht mehr“-Unglück

und das „Ich weiß gar nicht, was los ist“-Unglück.

Manche tragen Lippenstift. Andere nur Schweigen.


Und genau das meinte Tolstoi wohl:

Glück macht uns vergleichbar.

Unglück macht uns einzigartig.

Und manchmal einsam.


Vielleicht ist es genau das,

was mich an diesem Satz so gepackt hat.

Nicht seine Brillanz,

sondern seine Ehrlichkeit.

Und seine stille Einladung,

nicht alles in einen Topf zu werfen –

weder das Leid noch das Lachen.


Buch: Anna Karenina von Lew Tolstoi

Lektürezustand: Erster Satz, Weltstillstand.

Danach alles gelesen. Mehrmals.


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